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MaggiR committed Sep 14, 2024
1 parent b0dcc36 commit 9daa894
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21 changes: 3 additions & 18 deletions README.md
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# Quartz v4

> [One] who works with the door open gets all kinds of interruptions, but [they] also occasionally gets clues as to what the world is and what might be important.” — Richard Hamming
Quartz is a set of tools that helps you publish your [digital garden](https://jzhao.xyz/posts/networked-thought) and notes as a website for free.
Quartz v4 features a from-the-ground rewrite focusing on end-user extensibility and ease-of-use.

🔗 Read the documentation and get started: https://quartz.jzhao.xyz/

[Join the Discord Community](https://discord.gg/cRFFHYye7t)

## Sponsors

<p align="center">
<a href="https://github.com/sponsors/jackyzha0">
<img src="https://cdn.jsdelivr.net/gh/jackyzha0/jackyzha0/sponsorkit/sponsors.svg" />
</a>
</p>
# 🗳️ Ersatzstimme-Wiki
Dieses Wiki bündelt alle wichtigen Infos rund um das Wahlsystem der Ersatzstimme, zusammengestellt von [Mark Rothermel](https://rothermel.me).
### [👉🏻 Hier geht's zum Wiki](https://ersatzstimme.wiki)
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Wendet für seine Parlamentswahlen das System der [[Übertragbare Einzelstimmgebung|Übertragbaren Einzelstimmgebung]] an.

In Australien herrscht Wahlpflicht. Jeder Wähler muss sämtliche Parteien auf dem Zettel durchnummerieren
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In England wurde von 2000 bis 2022 die Ersatzstimme (Supplementary Vote) eingesetzt ([Electoral Reform Society](https://www.electoral-reform.org.uk/voting-systems/types-of-voting-system/supplementary-vote/); [UK Parliament](https://www.parliament.uk/about/how/elections-and-voting/voting-systems/)), u. a. für die Wahl des 2000 eingeführten Bürgermeisteramtes ([Wikipedia](https://en.wikipedia.org/wiki/Directly_elected_mayors_in_England#Legislative_changes)). Dabei wurde ein nur einstufiges Aggregationsverfahren angewendet, bei welchem direkt alle außer die Top-2-Kandidaten eliminiert wurden.

2022 ersetzte der Home Secretary der Conservative Party landesweit die Ersatzstimme durch die einfache Mehrheitswahl. Er begründete dies mit der Londoner Bürgermeisterwahl 2021, bei der die Zahl der ungültigen Stimmen mit 5% einen Rekord erreichte ([BBC, 2021](https://www.bbc.com/news/uk-england-london-57049779)). Schuld daran war allerdings ein ungünstig designter Stimmzettel ([Wikipedia](https://en.wikipedia.org/wiki/Contingent_vote#Supplementary_vote)), dessen Layout dazu führte, dass Wähler irrtümlich zwei Hauptstimmen abgaben:
![[Screenshot-2021-05-12-at-14.07.04.png]]
Weil die Kandidaten auf zwei Spalten aufgeteilt wurden, lagen *vier* Stimmenspalten vor, was offenbar einige Wähler dazu verleitete, zwei Hauptstimmen und zwei Ersatzstimmen (eine Stimme pro Spalte) anzugeben. Auch bringen Kritiker an, die Abschaffung der Ersatzstimme nütze der Conservative Party.
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Seit 2000 implementieren zunehmend mehr Regionen und Städte die Präferenzwahl in ihre Wahlverfahren. Aktuell sind es rund 50 ([FairVote](https://fairvote.org/our-reforms/ranked-choice-voting-information/#where-is-ranked-choice-voting-used)), darunter San Francisco (seit 2002), Minneapolis (seit 2006), Maine (seit 2016), NYC (seit 2021) und Alaska (seit 2022).
Exit Surveys fanden:
* dass eine überwältigende Mehrheit (86%) der Wähler die Präferenzwahl verstanden hat, vgl. nur 28% der Deutschen können Erst- und Zweitstimme korrekt zuordnen ([pollytix](https://pollytix.de/pollytix-umfrage-offenbart-wissensluecken-zum-wahlsystem/))
* dass die Wähler sie einfach fanden (95% in NYC, [Beispiel-Wahlzettel](https://www.nycvotes.org/media/qqbjfttc/sample-ballot-en.pdf))
* dass die Mehrheit der Wähler (75%) Gebrauch von den Nebenstimmen macht ([New America](https://www.newamerica.org/political-reform/reports/what-we-know-about-ranked-choice-voting/the-voting-experience/))
* und dass sie die Präferenzwahl in künftigen Wahlen gutheißen würden (56 bis 82%) ([FairVote](https://fairvote.org/report/exit-surveys-report-2024/)).
Beobachtungen zufolge beeinflusst die Präferenzwahl die Wahlbeteiligung, wenn, dann positiv ([FairVote](https://fairvote.org/ranked-choice-voting-and-voter-turnout/)).

Die Fehlerrate abgegebener Präferenzwahl-Stimmzettel ist zwar gestiegen, aber insgesamt weiterhin gering ([Institute for Mathematics and Democracy, 2024](https://mathematics-democracy-institute.org/deficiencies-in-recent-research-on-ranked-choice-voting-ballot-error-rates/)), bspw. 2005 nur 0,4% in San Francisco ([New America Foundation & FairVote, 2008](https://archive.fairvote.org/media/irv/irvracememo.pdf)). Die meisten fehlerhaften Stimmzettel können allerdings dennoch berücksichtigt werden, weil sie deutlich den Wählerwillen erkennen lassen.
294 changes: 0 additions & 294 deletions content/Die Ersatzstimme.md

This file was deleted.

6 changes: 6 additions & 0 deletions content/Initiativen/Abstimmung21.md
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### Probeabstimmung auf Abstimmung21
[Zur Abstimmung](https://abstimmung21.de/ersatzstimme-bei-bundestagswahlen/)

https://abstimmung21-mitmachen.de/proposals/21-gerechtigkeit-beim-wahlen-keine-verlorenen-stimmen-mehr#comments
- Abstimmung21: simuliert Volksabstimmungen anhand von vorher demokratisch bestimmten Themen, also wie eine echte Volksabstimmung. Leicht nicht repräsentativ: Eher die, die sich für Demokratie interessieren und online sind
- 72% für die Ersatzstimme, weniger als erwartet, hoher Anteil Enthaltungen
5 changes: 5 additions & 0 deletions content/Initiativen/Brandenburg 2024.md
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[TODO]
Die Grünen treiben dort die Einführung der Integrierte Stichwahl voran.

https://www.parlamentsdokumentation.brandenburg.de/starweb/LBB/ELVIS/parladoku/w7/gu/36.pdf
Alles in allem verfassungskonform, aber nicht wenn einzelne Kommunen sich das aussuchen können.
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## Zusammenfassung
In der Vorbereitungsphase der Wahlrechtsreform wurde die Ersatzstimme als mögliche Lösung für den sehr speziellen Fall diskutiert, verwaiste Wahlkreise zu vermeiden. Die Idee wurde im weiteren Verlauf aber als "wenig überzeugend" bezeichnet und nicht weiter verfolgt. Gründe sind laut [Gesetzentwurf (2023)](https://dserver.bundestag.de/btd/20/053/2005370.pdf) verfassungsrechtliche Bedenken, Überfluss, da die Stimme "in den allermeisten Fällen nicht ausgezählt würde" (nämlich in 97% der Fälle ([InitiativTagung, 2022](https://www.mehr-demokratie.de/fileadmin/pdf/2022/2022-11-14_Ersatzstimmentagung-Zusammenfassung-Benken-v3.pdf))), und praktische Umstände, weil eine Ersatzstimme eine Umstellung des Wahlakts für den Wähler bedeuten würde. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags stellte für die Ersatzstimme im vorgeschlagenen Setting eine potenzielle Beeinträchtigung von Wahlgrundsätzen fest, die aber ggf. ausreichend legitimiert werden können (s. [[#Ausarbeitung des Wiss. Dienstes des Bundestags 2022]]).

## Hintergründe

Die Wahlrechtsreform führt die **Verbundene Mehrheitswahl** ein. Wenn ein Direktkandidat einen Wahlkreis gewonnen hat, aber keine ausreichende Zweitstimmendeckung hat, wird ihm kein Mandat zugeteilt (**verbundene Mehrheitsregel**). Damit der Wahlkreis nicht unbesetzt bleibt, wurde die Einführung von **Ersatzstimmen** vorgeschlagen, um so einen alternativen Gewinner ermitteln zu können. Mit der Ersatzstimme können die Stimmen des mandatslosen Erstplatzierten auf die übrigen Kandidaten verteilt werden.

Der oben beleuchtete Spezialfall der fehlenden Zweitstimmendeckung ist eine Situation, die anders und nur begrenzt vergleichbar ist mit der Forderung, die in diesem Dossier beleuchtet wird. Der Hauptunterschied liegt darin, dass nicht Verlierer (bspw. eine Partei unter der 5%-Hürde), sondern Gewinner gesperrt werden.

Die [Wahlrechtskommission](https://www.bundestag.de/ausschuesse/weitere_gremien/kommission-wahlrecht) schlug neben der Ersatzstimme auch andere Modelle vor, mit denen unbesetzte Wahlkreise vermieden werden können, unter anderem ein Präferenzwahlsystem ([Eckpunktepapier Wahlrechtskommission, 2022](https://www.bundestag.de/resource/blob/903330/498c43d8485fc6bf2511dc54d232d77e/K-Drs-029-Eckpunkte-zum-Zwischenbericht-data.pdf)).

Im Gesetzentwurf der Ampel-Regierung für die Wahlrechtsreform ([Gesetzentwurf, 2023](https://dserver.bundestag.de/btd/20/053/2005370.pdf)) wurde die Ersatzstimme als eine von mehreren "nur weniger überzeugenden Alternativen" angeführt: "Abgesehen von verfassungsrechtlichen Bedenken wäre mit diesem Modell die Einführung einer weiteren Stimme verbunden, die in den allermeisten Fällen nicht ausgezählt würde. Im Übrigen bedeutete dies die größte Umstellung für die Bürgerinnen und Bürger beim Wahlakt selbst. Auch das erscheint nicht vorzugswürdig."

Konstantin Kuhle, einer der Mitinitiatoren der Ersatzstimme in diesem Kontext, [erläuterte](https://www.wahlreform.de/parteien.htm): "Die Diskussionen im Parlament und in der Öffentlichkeit haben uns jedoch davon überzeugt, dass eine solche Lösung aufgrund ihrer Komplexität auf Akzeptanz- und Legitimations­probleme stoßen würde."

## BVerfG-Urteil vom Juli 2024
### [Pressemitteilung](https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2024/bvg24-064.html)

Im Kern befand das BVerfG, dass die 5%-Sperrklausel in ihrer reinen Form (also ohne Grundmandatsklausel) zu stark in die Wahlgleichheit eingreifen würde, weil auch Parteien ausgeschlossen würde, die (wie die CSU) nicht zur Fragmentierung des Parlaments beitragen.
- "Die 5 %-Sperrklausel \[...\] verstößt aber derzeit gegen Art. 21 Abs. 1 \[Mitwirkung der Parteien an politischer Willensbildung\] und Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG \[Gleichheit der Wahl\]."
- "Der **Grundsatz der Gleichheit der Wahl** gebietet dabei, dass alle Wahlberechtigten das aktive und passive Wahlrecht möglichst in formal gleicher Weise ausüben können."
- "Die 5 %-Sperrklausel ist unter den geltenden rechtlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen nicht in vollem Umfang erforderlich, um die Arbeits- und Funktionsfähigkeit des Bundestages zu sichern."
- "Die Grundsätze der Wahlgleichheit und der Chancengleichheit der Parteien unterliegen keinem absoluten Differenzierungsverbot. Dem Gesetzgeber verbleibt bei der Ordnung des Wahlrechts ein eng bemessener Spielraum für Differenzierungen."
- "**Der Gesetzgeber kann Neuerungen einführen, die dem bisherigen Wahlrecht fremd waren und Wählerinnen und Wählern ebenso wie Bewerbern und Parteien ein Umdenken abverlangen. Sein Entschluss, das Wahlrecht zu reformieren, ist nicht an besondere Voraussetzungen gebunden.**"
- "Für Sperrklauseln im Verhältniswahlrecht kann die Sicherung der Arbeits- und Funktionsfähigkeit des Parlaments einen legitimen Rechtfertigungsgrund darstellen. Maßgeblich für die Beurteilung einer Sperrklausel bei der Wahl zum Deutschen Bundestag sind die ihm in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes zugewiesenen zentralen Funktionen."
- "Die Sperrklausel ist geeignet, die Funktionsfähigkeit des Bundestages zu sichern. Mit einer Sperrklausel verhindert das Wahlrecht eine Zersplitterung des Parlaments in viele kleine Gruppen und sichert damit die Funktions- und Arbeitsbedingungen des Bundestages. Sie schafft die Voraussetzungen dafür, dass Zusammenschlüsse von Abgeordneten mit gleichgerichteten politischen Zielen im Bundestag (Fraktionen) grundsätzlich eine bestimmte Mindestgröße haben. Die Höhe der Sperrklausel von 5 % der bundesweiten gültigen Zweitstimmen ist für diesen Zweck sachgerecht. Die in ständiger Rechtsprechung bestätigte Beurteilung hat auch angesichts der zwischenzeitlich eingetretenen rechtlichen und tatsächlichen Änderungen Bestand."
- "Unter den gegenwärtigen tatsächlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen ist die Ausgestaltung der Sperrklausel in § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BWahlG jedoch nicht in vollem Umfang erforderlich. Zur Sicherstellung der Arbeits- und Funktionsfähigkeit des Bundestages ist es nicht notwendig, eine Partei bei der Sitzverteilung unberücksichtigt zu lassen, deren Abgeordnete eine gemeinsame Fraktion mit den Abgeordneten einer anderen Partei bilden würden, wenn beide Parteien gemeinsam das Fünf-Prozent-Quorum erreichen würden."
- "**Das Ziel der Sperrklausel wird in gleicher Weise erreicht, wenn die Zweitstimmenergebnisse von Parteien, die \[wie CDU und CSU\] kooperieren, gemeinsam berücksichtigt werden. Darin liegende Ungleichbehandlungen sind gerechtfertigt.**"
- "Die Kooperation der CSU mit der CDU zeichnet sich letztlich durch drei Elemente aus: erstens die Absicht, aufgrund gleichgerichteter politischer Ziele eine Fraktion zu bilden, zweitens den Umstand, dass schon bisher eben eine solche gemeinsame Fraktion im Bundestag bestand, und drittens den Verzicht auf Wettbewerb untereinander, indem Landeslisten nur in unterschiedlichen Ländern eingereicht werden."
- "Es kann offen bleiben, inwieweit die gemeinsame Berücksichtigung von Parteien bei der Überwindung der Sperrklausel gerechtfertigt ist, wenn lediglich einzelne der drei Voraussetzungen vorliegen. Jedenfalls gemeinsam rechtfertigen sie unter den gegenwärtigen rechtlichen und tatsächlichen Bedingungen die Bevorzugung einer Kooperation, wie sie CSU und CDU praktizieren."
- "Der Gesetzgeber ist zwar verpflichtet, die Sperrklausel so auszugestalten, dass sie unter den derzeitigen rechtlichen und tatsächlichen Bedingungen nicht über das zur Sicherung der Funktionsfähigkeit des Bundestages Erforderliche hinausgeht. Er ist aber nicht auf die Einführung einer Möglichkeit der gemeinsamen Berücksichtigung zweier, in der dargestellten Form kooperierender Parteien beschränkt. **Vielmehr kann er die Sperrklausel auch in anderer Weise modifizieren**."
18 changes: 18 additions & 0 deletions content/Initiativen/Saarland 2015.md
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Von den Piraten eingebracht ([Gesetzesentwurf](https://www.landtag-saar.de/file.ashx?FileName=Gs15_1541.pdf)). Wurde mehrheitlich von CDU, SPD und Grünen abgelehnt ([Plenardebatte](https://www.jura.fu-berlin.de/fachbereich/einrichtungen/oeffentliches-recht/emeriti/pestalozzac/Ressourcen/1_-Lesung-13_-Okt-2015-LT-Drs_15_41.pdf)).
#### Angebrachte Gegenargumente
1. **Einschränkung der Ernsthaftigkeit der politischen Entscheidung** (Heinz Bierbaum, Linke): Ersatzstimme würde eine Beliebigkeit schüren: "Na gut, Partei A kam nicht rein, dann wähle ich halt Partei B." Ähnliches Argument von CDU: "Wenn Sie vor dem Traualtar stehen und der Priester Sie fragt, ob Sie diese Frau heiraten wollen, dann müssen Sie Ja oder Nein sagen. Sie können nicht sagen: „Ja, aber wenn es mit der nicht klappt, dann nehme ich eben die andere!“ (Heiterkeit.) So ist das im Leben. So gehört sich das auch in der Politik. Und ich finde, das ist auch gut so, meine sehr verehrten Damen und Herren."
- **Einordnung**: Ansichtssache. Mit der Argumentation müssten auch konsequenterweise Stichwahlen abgeschafft werden. Die Ersatzstimme kann gedanklich als 2. Wahlgang vorgestellt werden (s.o.).
2. **Bevorzugung großer Parteien** (Heinz Bierbaum, Linke): Die Ersatzstimme würde große Parteien bevorzugen, da Wähler, die befürchten, dass ihre bevorzugte kleinere Partei es nicht ins Parlament schafft, eine größere Partei als Ersatz wählen würden​.
- **Einordnung**: Falschbehauptung. Der Effekt, die Stimme lieber einer sicher einziehenden Partei zu geben statt der bedrohten Lieblingspartei, besteht bereits im jetzigen Wahlsystem. Eine Ersatzstimme würde diesen Effekt von der Hauptstimme entfernen und auf sich ziehen. Dadurch, dass mithilfe der Ersatzstimme mehr Stimmen Berücksichtigung finden werden, wird zwar die Gesamtzahl der Stimmen (und damit die Legitimation) der einziehenden Parteien größer. Dies ist aber keine Bevorzugung der großen Parteien, da der Zusatz an Stimmen erst aus den Ersatzstimmen resultiert, deren jeweilige Hauptstimme bei einer Kleinpartei keine Berücksichtigung fand. Im Gegenteil, ein zu erwartender Effekt ist durch den Wegfall der taktischen Wahl eine Verlagerung der Hauptstimme von großen auf die tatsächlich präferierten Parteien (was bei taktischem Wahlverhalten typischerweise kleinere Parteien sein dürften).
3. **Verfassungsrechtliche Bedenken** (Petra Berg, SPD): Die Ersatzstimme verstoße gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Wahl, der eine vorbehaltlose und bedingungsfreie Stimmabgabe erfordere. Die Ersatzstimme ist jedoch an die Erfolglosigkeit der ersten Stimme gebunden, was zu verfassungsrechtlichen Problemen führe.
- **Einordnung**: Nicht notwendigerweise ein Problem. Die Literatur ist sich in dem Punkt uneinig (s. [[#Ausarbeitung des Wiss. Dienstes des Bundestags 2022]]). Ggf. kann eine solche Einschränkung durch die verbesserte Wählerintegration rechtfertigt werden
4. **Auszählung aufwendiger** (Petra Berg, SPD): Die Auszählung der Ersatzstimmen wäre praktisch schwierig umzusetzen und würde den Prozess erheblich verkomplizieren​.
- **Einordnung**: Zwar ist der Auszählaufwand größer, aber dennoch problemlos durchführbar, wie es in den USA in 50 Regionen sogar bei der Präferenzwahl mit mehreren Nebenstimmen vorgemacht wird.
5. **Keine verlorene Stimme** (Heinz Bierbaum, Linke): Eine Stimme für eine Partei, die es nicht ins Parlament schafft, solle nicht als verloren betrachtet werden, da sie Teil des politischen Wettbewerbs ist und zur gesellschaftlichen Auseinandersetzung beiträgt. Denn Politik finde auch außerhalb des Parlaments statt.
- **Einordnung**: Ansichtssache. Vielleicht ist nicht die Stimme verloren, aber ihre Wirkung auf die Verteilung der Parlamentssitze ist definitiv verloren.
6. **Reduzierte Eindeutigkeit der Wahl** (Heinz Bierbaum, Linke): Die Einführung einer Ersatzstimme würde der Eindeutigkeit der Wahlentscheidung widersprechen, da die Stimmabgabe klar und eindeutig sein solle.
- **Einordnung**: Falschbehauptung. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags befand mittlerweile, dass die Eindeutigkeit gegeben ist (s. [[#Ausarbeitung des Wiss. Dienstes des Bundestags 2022]]).
7. **Verkomplizierung**: Ziel solle sein, das ohnehin schon komplizierte Politik- und Wahlsystem einfacher zu machen.
- **Einordnung**: Ansichtssache. Trade-off zwischen Einfachheit und vielen anderen Faktoren wie Fairness usw.
8. **Mehr taktisches Wählen**: "Noch mehr taktische Überlegungen als eigene Überzeugungen."
- **Einordnung**: Unbelegt. Wie oben erklärt wird der Effekt taktischer Stimmabgabe auf die Ersatzstimme verlagert, nicht verstärkt. Die wirklich wichtige Hauptstimme kann nach der reinen Erstpräferenz abgegeben werden (keine Wahltaktik).
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